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Referendum zur Unabhängigkeit

von Udo Haafke

Es ist soweit: Alex Salmond, schottischer First Minister, und David Cameron, britischer Premierminister, haben sich am Montag, den 15. Oktober 2012, im St.Andrew’s House in Edinburgh offiziell über das schottische Referendum zur Unabhängigkeit per Vertrag verständigt. Damit hat Salmond, Chef der Scottish National Party und glühender Verfechter der Unabhängigkeitsidee, bereits einen ersten Etappensieg verbuchen können. Der britische Premier drängte nämlich nach der ersten Ankündigung von Salmonds Wünschen massiv darauf, die Wahlen möglichst umgehend abzuhalten, da er wohl nicht unberechtigterweise die Ansicht vertrat, dass eine schnelle Abstimmung kaum von Erfolg gekrönt sein würde. Doch dieses Ansinnen kam nicht zum Zuge. Taktisch geschickt manövrierte sich der Schotte in eine günstige Ausgangsposition ohne dabei Schaden zu nehmen. Einen Schaden, speziell wirtschaftlicher Art, befürchtet die politische Spitze Rest-Britanniens, denn Schottland besitzt beispielsweise den Löwenanteil an Energieressourcen in der Nordsee.

Im Gegenteil. Die nun festgelegten Rahmenbedingungen entsprechen in den drei Kernpunkten ziemlich genau den Vorstellungen Salmonds. Dies sind ein klares eindeutiges Ja oder Nein, das Zulassen auch von Wählern im Alter von 16 und 17 Jahren, der Vollzug der Wahl bis zum Ende des Jahres 2014. Lediglich der Termin des 24. Juni dürfte sich aus organisatorischen Gründen nicht verwirklichen lassen, das wäre das geschichtsträchtige Datum des für den schottischen Freiheitskampf so wichtigen 700. Jahrestags der Schlacht von Bannockburn mit dem legendären Sieg von Robert the Bruce über England. Die Waffen Salmonds sind indes nicht Bogen und Schwert, sondern Überzeugung, Zuversicht und Vertrauen in die Kräfte und Fähigkeiten des eigenen Volkes, das in der Lage ist als eigenständiger Staat zu funktionieren. Auch weiterhin als Mitglied der EU.

Doch die aktuellen Umfragewerte sprechen eine andere Sprache. Erst etwa ein Drittel der schottischen Bevölkerung glaubt an einen positiven Verlauf des Referendums und eine erfolgreiche Abkehr vom Vereinigten Königreich. Die Mehrheit ist noch unentschieden, viele sind dagegen, fürchten um den Erhalt ihres bisherigen Status. So positionieren sich bereits die gegensätzlichen Lager. Yes Scotland unter der Federführung der SNP in Person von Blair Jenkins kämpft für die Unabhängigkeit, Better Together steht unter dem früherer Schatzkanzler der Regierung von Gordon Brown, Alistair Darling, für den konservativen Flügel und den Verbleib im traditionellen Verbund Großbritannien.

Während Blair Jenkins die einmalige, historische und sicher nicht noch einmal wiederkehrende Chance selbst per Abstimmung das zukünftige Schicksal Schottlands für sich und die nachfolgenden Generationen in die Hand zu nehmen als wichtigstes Kriterium herausstellt, wirft Alistair Darling die bestehenden Vorzüge des Verbleibs im United Kingdom in die Waagschale. Er verweist auf die Wirtschaftskraft des Königreiches, auf die gewachsenen emotionalen und kulturellen Bande und die globalen Einflüsse Großbritanniens, die allesamt verloren gehen würden. Die Wahl fällt für ihn, erste Ängste schürend, zwischen schottisch sein oder britisch bleiben, zwischen dem bestehenden Status Quo von Sicherheit und einer zu erwartenden, in seinen Augen höchst unsicheren Zukunft. Hier gibt es in den kommenden zwei Jahren wohl reichlich Zündstoff und Platz für Polemik wie unsachliche Argumentationsketten, die noch in den Schreibtischschubladen der Verantwortlichen schlummern dürften.

Wie immer in einem derart polarisierenden Wahlkampf gilt es die vermutlich noch sehr zahlreichen Unentschlossenen vom eigenen Standpunkt zu überzeugen, denn die Möglichkeit der Enthaltung fällt weg, lediglich eine Pattsituation ist denkbar, aber unwahrscheinlich. Und die Situation im Land selbst beginnt bereits einen Spannungsbogen zu flechten, erste Animositäten herauszubilden. So hat sich der Sterne-Koch aus dem Gleneagles Hotel, Andrew Fairlie, für die schottische Unabhängigkeit ausgesprochen. Doch diese eigene Meinung missfällt so manchem seiner Gäste, die es plötzlich und nur deshalb nicht mehr in sein Restaurant zieht. Die menschliche Natur kann hier sehr grausam sein: das Vertreten eines eigenen Standpunktes wird sofort negativ ausgelegt und bestraft, Fairlie’s Kochkünste jedoch bleiben auf ihrem hohen Niveau, ganz egal ob Yes oder No.

Fotocredits: The Independent

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