Glasgow – die größte Metropole Schottlands
Es war um 590 n.Chr. als der Heilige Mungo, der damalige Bischof von Strathclyde, auf einem winzigen Hügel eine kleine Holzkirche errichtete und sie “glas ghu“, geliebter grüner Flecken, nannte. Just dort hatte St.Ninian bereits 200 Jahre zuvor einen christlichen Friedhof angelegt. Und just hier ragt heute mit St.Mungo´s Cathedral der einzige noch vollständige mittelalterliche Sakralbau auf dem schottischen Festland und das größte gotische Gebäude des Landes in den manchmal grauen Himmel über Glasgow. Das Gotteshaus war das Einzige, welches der Zerstörungswut der Reformation mit Erfolg die Stirn bot. Die couragierten Glaswegians konnten alle Angriffe und Attacken abwehren. Ein Charakterzug der braven Glasgower Bürger, der heute noch sichtbar ist, wenn man nur an den Einsatz des Flughafenmitarbeiters John Smeaton denkt, der furchtlos im Alleingang einen terroristischen Anschlag vereitelte.
Die Stadt, die mit knapp einer Million Einwohnern um ein Drittel größer ist als die Hauptstadt Edinburgh, ihr steter Kontrahent um Ansehen und Prestige im Königreich, etwa 80 Kilometer weiter östlich, hat in vielfacher Hinsicht Besonderes zu bieten. Und dies obwohl ihr gemeinhin ein schlechter Ruf vorauseilt. Als pulsierende und blühende Industriestadt erlebte Glasgow seine erste nachhaltige Blüte im 18.und 19.Jahrhundert, ersann doch hier – es war bei einem Spaziergang im Mai 1765 auf dem Glasgow Green, der damaligen wie heutigen grünen Lunge der Stadt – James Watt die Funktionsweise der Dampfmaschine. Diese begründete die globale industrielle Revolution, von der auch Glasgow in den Folgejahren verstärkt profitierte.
Mit der Schiffbarmachung des Rivers Clyde bis nah heran an den Innenstadtbereich begann eine florierende Werftindustrie, die einmal die größte der Welt war und die in den 60er Jahren des letzten Jahrhunderts einen dramatischen Niedergang erfuhr, was das Arbeitsleben Glasgows nahezu zum Stillstand brachte. Selbst der lebhafte Handel kam fast zum Erliegen. Glasgow, die Arbeiterstadt, verarmte, verdreckte, verkümmerte. Die Mär vom hässlichen Entlein, vom schottischen Slum, vom Armenhaus des Landes machte die Runde, doch die Menschen behielten ihre feste Mentalität, ihren Willen, aber auch ihre große Gastfreundschaft und Freundlichkeit.
Und Glasgow schaffte sehr zügig die Wende hin zu einer Orientierung im Dienstleistungssektor, im modernen Handel und Gewerbe. Die Industriebrachen, alte Werftgelände wurden und werden, wenn nicht abgerissen, so doch zumindest umgewidmet und bekommen komplett neue Wertigkeiten und Zuordnungen. Aus der ersten wirklichen Industriestadt wurde die erste Stadt, die das nachindustrielle Zeitalter erfolgreich einläutete. Kunstgalerien, moderne Museen, großzügige und elegante, teils glamouröse Einkaufscenter, Straßen-Cafés, pulsierende Fußgängerzonen sind nun zu finden und erwecken die stolze viktorianische Architektur zu neuem Leben. Ein förderlicher Meilenstein für diese Entwicklung war das Kulturhauptstadtjahr 1990, welches auch dem genialen Werk des Glasgower Architekten Charles Rennie Mackintosh neuen Auftrieb gab.
Die Universität von Glasgow ist die zweitälteste des Landes, wurde 1451 begründet. In dem heutigen Gebäudekomplex, der von einem gotischen Turmbau aus dem Jahr 1870 dominiert wird, befindet sich mit dem Hunterian Museum das älteste öffentliche Museum Schottlands und an der Trongate, dem alten Finanzzentrum, welches die Hälfte des Tabakhandels zwischen Europa und Amerika im 18.Jahrhundert beherrschte, steht einer von nur drei freistehenden Kirchtürmen in Schottland mit einer Krone auf dem Dach. Er konkurriert, mithin erfolglos höhenmäßig mit dem Glasgow Tower im neuen Messe- und Konferenzzentrum im ehemaligen Hafen gleich neben dem charakteristischen Gürteltier, dem Armadillo aus Glas und Stahl. Mit der Kelvingrove Art Gallery & Museum und ihre sehenswerten Ausstellungen besitzt Glasgow zudem die meistbesuchte kostenlose Sehenswürdigkeit des Landes, die auch weltweites Ansehen genießt.
Strathclyde
Mit dem Stadtgebiet von Glasgow und den Regionen Lanarkshire, Renfrewshire und Inverclyde findet sich im ehemaligen britischen Königreich Strathclyde, dessen Hauptstadt Dumbarton zwischen dem 5. und 10.Jahrhundert war, die größte Bevölkerungsdichte Schottlands.
Zentral im südlichen Landesteil liegt Lanarkshire, die industrielle Wiege des Landes, eindrucksvoll belegt durch das World Heritage Village New Lanark am Clyde-Ufer. Im Einzugsgebiet der Metropole Glasgow befindet sich das eher industriell geprägte Renfrewshire. Wesentliche wirtschaftliche Bedeutung kam dem internationalen Flughafen von Glasgow zu sowie bis in die 70er Jahre des 20.Jahrhundcrts der Werftindustrie mit den Schwer- und leider auch sozialen Brennpunkten Paisley und Port Glasgow. Diese befinden sich derzeit in einem permanenten Umbruch zu Dienstleistung und Handel.
Die weitläufige Mündung des River Clyde bestimmt die schon etwas hügeligere Landschaft von Inverclyde. Moderne Kreuzfahrtschiffe legen heute im Hafen der alten Werftenstadt Greenock, Geburtsort von James Watt, an. Während der traditionsreiche Badeort Gourock schon seit jeher die etwas betuchtere Bürgerschaft Glasgows anlockte, die zur Sommerfrische “doon the watter“ ging und auf Tagesausflüge mit den legendären Clyde Steamern. Dafür war die Einrichtung des Bahnhofes am Pier 1890 ausgesprochen förderlich. Heute ist Gourock Stammsitz der wichtigsten schottischen Fährreederei Caledonian MacBrayne.
Fotocredits: Udo Haafke