„The Small Isles“ gelten bei vielen Schottlandbesuchern noch als vollkommen unbeschriebenes Blatt, da bei vielen internationalen Gästen so populäre Inseln wie Skye, Iona, Islay und Arran Vorrang haben. Doch diese vier Inseln Rum, Eigg, Muck und Canna haben ihren Besuchern viel zu bieten und sind auch leicht zu erreichen, denn die schottische Reederei Caledonian MacBrayne bietet mehrmals wöchentlich Abfahrten zu allen vier Inseln ab dem Fährhafen Mallaig an, der wiederum in nur ca. 75 Minuten Fahrtzeit über die landschaftlich äußerst reizvolle „Road to the Isles“ von Fort William aus zu erreichen ist. Wer sich ganz allgemein für atemberaubende Küstenlandschaften, unberührte Natur, einsame Sandstrände und idyllische Rückzugsorte interessiert, wird auf allen Inseln sein Urlaubsglück finden. Darüber hinaus hat auch jede dieser vier Inseln etwas ganz Besonderes für seine Gäste zu bieten. So gilt die Insel Rum als Paradies für Familien und glänzt mit dem eindrucksvollen Kinloch Castle, während die Insel Eigg insbesondere Archäologen und Ornithologen anzieht. Die Insel Muck ist die kleinste der Inseln und kann daher problemlos zu Fuß oder mit dem Fahrrad erkundet werden. Canna schließlich ist die westlichste der Small Isles und wird vom National Trust for Scotland als Farm geführt, bietet aber auch mit einem Café-Restaurant einen ausgezeichneten Treffpunkt für Gäste und Einwohner der Insel.
Insel Rum – natürlicher Diamant im Atlantik
Rum ähnelt in ihrer Form einer Raute und ist mit 12 qkm die größte der ‚Kleinen Inseln‘. Ihre Abgeschiedenheit und eindrucksvolle Silhouette übt eine ganz besondere Faszination auf ihre Besucher aus. Die Insel bietet eine große Auswahl an Wanderwegen an, angefangen bei kurzen Strecken bis hinauf zu den Gipfeln der Rum-Berge, wo man auf eine spektakuläre Tierwelt mit Adlern, Papageientauchern, Rotwild und den abgehärteten Rum-Ponys trifft. Aber auch viele andere Freizeitaktivitäten wie Fahrradfahren, Angeln, Kajak und Kanu fahren sind ebenso möglich wie die Pirsch und Jagd. Rum begeistert Wissenschaftler weltweit mit seiner einzigartigen Geologie, darunter allen voran das Kernstück eines alten Vulkans, der die heute sichtbaren Rum-Berge formte. Darüber hinaus wurde Rum 1957 als wichtiger Bestandteil des natürlichen Kulturerbes zum nationalen Naturschutzgebiet ernannt. Heute ist sie im Besitz von „Scottish Natural Heritage“, der Behörde, die sich die Erhaltung der Naturschätze in Schottland auf die Fahnen geschrieben hat.
Im Norden der Insel liegt bei Kilmory ein herrlicher Strand, der sich mit den Überresten einer alten Siedlung schmückt. Über die ganze Insel verstreut findet man Überbleibsel alter Kolonien, die größte bei Harris, wo einst eine Gemeinschaft von 250 Einwohnern lebte. Die meisten Übernachtungsmöglichkeiten gibt es im Hostel von Kinloch Castle, wo Selbstverpflegung oder Vollpension angeboten werden. Eine weitere Anlaufstation ist das Ivy Cottage, eine Frühstückspension an der Küstenstraße. Alternativ stehen auf der Insel Campinghütten, Zeltplätze, sowie einfache Hütten zur Verfügung. Ein weiteres Haus mit mehreren Betten ist geplant und wird voraussichtlich 2014 eröffnet.
Einer der beliebtesten Ausflüge für Tagesgäste ist eine geführte Tour rund um Kinloch Castle, die den Besuchern einen faszinierenden Einblick in das Leben der Bullough Familie gibt, die das Schloss zwischen 1897 bis 1900 erbaut haben. Das Schloss beherbergt ein in Deutschland hergestelltes „Orchestrion“, welches durch das Abtasten gestanzter Papierrollen den Klang eines ganzen Orchesters imitiert. Das Instrument wurde um 1900 von Imhof & Muckle of Vohrenbach nahe Baden hergestellt und von den drei noch existierenden ist dieses das einzige noch funktionstüchtige und erklingt noch heute für das Publikum. Im Westen der Insel befindet sich das Harris Mausoleum, welches die Bullough Familie in Anlehnung an einen griechischen Tempel in Säulenoptik errichten ließ. Das Monument liegt mit seiner Stirnseite in Richtung des tosenden Atlantik und bietet gleichzeitig einen fantastischen Panoramablick auf die einmalige Gebirgslandschaft der Insel.
Rum ist außerdem ein Zufluchtsort für viele Tiere, und ausgebildete Wildhüter bieten viele Aktivitäten, Rundgänge und Gespräche an, die sich mit der großen Vielfalt der Flora und Fauna beschäftigen. Interessierte Naturfreunde haben sogar die Möglichkeit sich während ihres Aufenthaltes als freiwillige Assistenten zu betätigen. Es gibt eine kleine, aber lebhafte Gemeinschaft von 40 permanenten Bewohnern. Ein Trust ist Besitzer des Landes rund um Kinloch Village und hält Pläne für eine Weiterentwicklung bereit. Neben der Stadthalle befindet sich ein gut sortierter kleiner Laden sowie ein Tea Room, der während der Sommermonate hausgemachten Kuchen, leckeres Mittagessen und andere kleine Erfrischungen im Angebot hat. Auf der Insel gibt es außerdem ein Geschäft, in dem Kunstgewerbe verkauft wird sowie eine kleine Fotogalerie.
Insel Eigg
Die Insel Eigg, die östlichste der Inselgruppe „The Small Isles“, ist 8 km lang, 5 km breit und von Mallaig oder Arisaig auf dem Festland aus mit der Fähre zu erreichen. Auffälligstes Merkmal der Insel ist der fast eine Meile lange „An Sgurr“, ein Bergrücken aus Pechstein, der die Landschaft dominiert. Eine andere Besonderheit ist Laig, ein weitläufiger, weißer Sandstrand mit Blick auf die Berge der Nachbarinsel Rum und der wohl schönsten Panoramaaussicht auf die Westküste Schottlands. Der beliebte „Singing Sand“ zieht viele Spaziergänger an, da der Untergrund beim Betreten eine Art von Gesang von sich gibt.
Die Insel beherbergt auch prähistorische Siedlungen sowie eine kleine Festung an einem der Bergseen, auf die man beim Erklimmen des An Sgurr trifft. Im 16. Jahrhundert starben bei einer Fehde zwischen den Clans der MacDonalds und der MacLeods fast 400 Menschen, was nahezu die gesamte Bevölkerung von Eigg bedeutete. Die „Massacre Cave“, die den Flüchtenden als Versteck diente und ihnen später zum Verhängnis wurde, kann heute besichtigt werden. Weiterhin gibt es in dem verlassenen Dorf Gruilin Ruinen alter Siedlungshäuser zu besichtigen, die Zeugnis der Vertreibung der Menschen von der Insel im 18. und 19. Jahrhundert sind. Besucher der Insel schätzen ihre Abgeschiedenheit, die fantastische Tier- und Pflanzenwelt und die wunderschöne Landschaft mit seinen freundlichen Bewohnern. In der Regel kann man Robben, Otter, Steinadler, Raben und Kornweihen in der freien Natur beobachten. Bemerkenswert ist auch die Artenvielfalt von Schmetterlingen und Libellen, die man auf Wanderungen durch die Natur entdecken kann.
Derzeit leben 98 Menschen auf der Insel und nur den Bewohnern ist das Autofahren auf der Insel erlaubt, so dass es kaum nennenswerten Verkehr gibt und die Straßen für Spaziergänger und Fahrradfahrer ein sicheres Terrain darstellen. Fahrräder können auf der Insel gemietet werden. Die ehemalige Post und der Lebensmittelladen ist heute ein kleines Museum. Es gibt organisierte und spontane Unterhaltungsabende, die das ganze Jahr über im Gemeindesaal stattfinden. Eigg ist die erste schottische Insel, die ihren notwendigen Energieverbrauch komplett eigenständig erzeugt – generiert durch Windmühlen, Fotovoltaik-Sonnenkollektoren und kleine Wasserturbinen. Die Inselgemeinde machte schon 1997 Geschichte, als sie dem Eigentümer das Eiland abkaufte und sich nun heute im Besitz des Isle of Eigg Heritage Trust befindet.
Am Hafen im Südosten der Insel gibt es ein gut sortiertes Lebensmittelgeschäft, einen Kunstgewerbeladen und eine Teestube. Das Lageorna Restaurant liegt im Westen von Eigg und bietet auch Zimmer mit Frühstück an. Übernachten kann man weiterhin im Tigh an Sithean Gästehaus oder in der Frühstückspension Kildonnan House nördlich vom Hafen. Angebote für Selbstverpfleger sind im Sandavore Farmhouse und Glebe Cottage vorhanden. Alternativ stehen den Gästen eine Schutzhütte, ein traditionelles Bauernhaus, kleine Holzhütten, ein Hostel sowie einige wenige Wohnwagen oder Campingplätze als Unterkunft während ihres Aufenthaltes zur Verfügung. Eigg ist ein wahres Paradies für Naturliebhaber und Vogelkundler, Hobbyfotografen, Geologen und historisch Interessierte, aber auch Sänger, Musiker und Künstler. Es ist der ideale Ort für Familien, die einen Urlaub in und mit der Natur planen.
Insel Muck
Die Insel Muck ist nur 3 km lang und 1,5 km breit und somit die Kleinste der „Small Isles“ mit 38 permanenten Bewohnern. Die südlichste der Inseln ist mit der Fähre erreichbar und bietet Seglern zwei sichere Ankerplätze. Das Eiland kann leicht bewandert werden und hat eine fruchtbare Hügellandschaft mit weißen Sandstränden. Die höchste Erhebung ist Beinn Airein mit nur knapp 138 Meter und daher recht einfach zu erklimmen. Weitaus größer ist die Herausforderung allerdings, wenn man den Hügel von der Westseite besteigt. Weitere interessante Eindrücke bekommt man bei Wanderungen auf Horse Island bei Niedrigwasser, da hier viele Wasservögel sowie die einzigen Papageienvögel der Insel nisten. Außerdem liegt hier auch Caisteal a Duin Bhain, eine prähistorische Festung.
Rund 40 Vogelarten nutzen Muck regelmäßig als Brutstätte, viele weitere kommen in unregelmäßigen Abständen. Aufgrund des Golfstroms ist das Leben im Wasser besonders reich und vielfältig. Robben und Seehunde sieht man von Zeit zu Zeit an den Stränden, ab und zu tauchen Kleine Tümmler und Zwergwale auf und in den späten Sommermonaten erblickt man mit Glück sogar mal einen Riesenhai. Ein beliebtes Motiv sind auch die Highland Ponys, die hier in kleinem Stil gezüchtet werden.
Neben einer Teestube und einem Restaurant gibt es ein weiteres Geschäft auf der Insel. Hier findet man eine große Auswahl von lokalem Kunstgewerbe wie Decken aus Muck-Wolle, handgemachte Körbe, selbstgestrickte Kleidung und handgesponnene Wolle von der Insel sowie eine Reihe handwerklicher Fachbücher. Im ständigen Sortiment gibt es einige Lebensmittel und verschiedene Stücke vom natürlich und stressfrei aufgezogenem Isle of Muck Lamm. Abhängig von der Saison ist auch lokal angebautes Gemüse und Schellfisch erhältlich. Der Shop befindet sich in Port Mor und ist während der Sommermonate ein lebhafter Treffpunkt für Einheimische und Touristen.
Ganz in der Nähe der weißen Sandstrände können drei Ferienhäuser gemietet werden. Port Mor House Hotel ist das einzige Hotel der Insel und bietet Abendessen und Getränke nicht nur für Hotelgäste an. Das Haus liegt an der westlichen Seite der Bucht und nahe dem Kunstgewerbeladen, Teestube und Pier. Weiterhin gibt es Zimmer im Carn Dearag und Godag House. Wer es ein wenig abenteuerlich mag, der mietet eine ‚yurt‘ – ein mit Segeltuch umspanntes, rundes Zeltgebäude nach mongolischem Vorbild. Diese Variante liegt in der abgelegenen Bucht Cairidh auf der nördlichen Seite der Insel mit Blick auf die Nachbarn Rum und Canna und verfügt sogar über einen kleinen Strand. Es werden auch verschiedene Tageskurse angeboten, in denen die Teilnehmer unterschiedliches Kunsthandwerk erlernen können wie z.B. Decken knüpfen. Ein familiengeführtes Jagdrevier gibt außerdem an ca. 10 Tagen im Jahr den Abschuss von Fasanen und Rebhühnern sowie Schnepfen in der späteren Saison frei.
Insel Canna – unberührte Natur im Westen
Canna ist die westlichste der „Small Isles“ und Ziel vieler Tagesgäste, die die Insel mit Caledonian MacBrayne Ferries von Mallaig aus erreichen. Einen privaten Charter oder eine Schlauchbootsafari nach Canna bietet AquaExplore von Elgol auf der Isle of Skye an. Canna verfügt über einen natürlich geschützten Hafen und gute Anlegeplätzen für private Yachten und Boote. Die Insel ist ideal für Wanderer, Vogelkundler und alle Naturfreunde, die einfach in die wunderbare Natur eintauchen möchten. Für viele ist Canna, die eigentlich aus zwei Teilen besteht, mit ihren beeindruckend hohen Basaltsteinklippen die schönste der Inselgruppe. Mit ungefähr 8 km Länge und 2 km Breite bildet Canna zusammen mit Sanday, einer kleinen von den Gezeiten beeinflussten Insel eine Einheit. Sanday misst nur 1,5 km Länge, weniger als 0,5 km Breite und ist lediglich bei Niedrigwasser über Sandbänke und eine Holzbücke zu erreichen.
Ein Urlaub auf Canna ist mit Sicherheit eine einzigartige Erfahrung, da auf der Insel nur weniger als ein Dutzend Menschen leben. Es gibt keine gepflasterten Straßen und keine Geschäfte außer der Post und dem „Canna Community Shop“, einem kleinen Kunstgewerbeladen. Bei gutem Wetter hat man von Barra Head einen wunderbaren Fernblick bis nach Harris, Skye mit seinen Bergformationen, Knoydart, Rum, Muck, Ardnamurchan, Mull und Coll. Seit 1981 betreibt der National Trust for Scotland die Insel als Farm, nachdem sie ihm vom gälischen Wissenschaftler John Lorne Campbell überlassen wurde. Er und seine Frau hinterließen eine ansehnliche Sammlung gälischer Literatur, Musik und Fotografien, die heute in Canna House ausgestellt sind. Canna House kann im Rahmen einer geführten Tour besichtigt werden und wenn man mit dem Chefgärtner spricht, hat man vielleicht sogar die Gelegenheit zu einer privaten Tour durch die täglich geöffneten Gärten des Anwesens.
Die historischen und archäologischen Sehenswürdigkeiten von Canna und Sanday werden bei geführten Wandertouren thematisiert. Seit Neuestem werden auch Kajakausflüge für Besucher angeboten. In der alten Molkerei gibt es eine kleine Schautafel mit weiteren Infos rund um die Insel sowie eine Fotoausstellung im Warteraum am Pier. Spuren frühchristlicher Anlagen findet man bei Keill mit einem Kreuz aus dem 8. oder 9. Jahrhundert sowie die Siedlungsanlage Sgorr nam Bàn Naomh (übersetzt: ‚Schären der Heiligen Frau‘), die versteckt hinter den tiefen Klippen liegt.
Die Insel ist bekannt für ihre Seevögel wie Papageientaucher, Tordalks und Sturmtaucher sowie See- und Steinadler. Der „Compass Hill“ verdankt seinen Namen der Tatsache, dass er aufgrund seiner hohen metallischen Vorkommen die Kompassnadel verdreht. Obwohl es auf Canna kein Lebensmittelgeschäft gibt, bietet das Gille Brighde Café-Restaurant leichte Mittagessen, hausgemachtes Gebäck und Abendessen an. Der Name des Lokals ist gälisch und ist ein anderer Begriff für den Austernfischer, ein für die Nordseeküste charakteristischer Vogel. Für Übernachtungsgäste stehen Selbstverpflegerunterkünfte in Kate’s Bunkhouse oder Burnbank College zur Verfügung, aber auch der National Trust bietet zwei Nachtlager an. Es gibt eine Frühstückspension, Tighard Guesthouse, und teilweise nehmen auch Inselbewohner Urlaubsgäste in ihrem Haus auf. Wildes Campen ist auf Canna ebenfalls erlaubt.
Fotocredits: The Small Isles / Udo Haafke