Das Leben in Schottland ist bestimmt und wird begleitet von sehr traditionellen Gebräuchen, Gewohnheiten und Umständen. Dazu gehören die Dinge des täglichen Lebens ebenso wie Feste und Feierlichkeiten
Highland Games
Diese urschottische Volkssportveranstaltung versinnbildlicht das Traditionelle wie kaum etwas Anderes: neben den “ceilidhs“, den charakteristischen Tänzen, die natürlich im Kilt und karogewandet ausgeführt werden, kommt der Dudelsack, das typische Musikinstrument mit seinem ebenso typischen Klangbild in vielfältiger Form zum Einsatz. Darüberhinaus messen sich die schottischen Männer in antiquierten Sportarten wie Baumstammwerfen, Tossing the Caber, das eigentlich eher als Stoßen bezeichnet werden muss, Tauziehen, dem Tug-o-War, Ringkampf oder Hammerwerfen.
Nahezu jede Gemeinde in Schottland veranstaltet wenigstens einmal im Jahr ihre eigenen Highland Games. Herausragendes Ereignis der gesamten Saison ist das am ersten Samstag im September ausgetragene Braemar Gathering in der Nähe der königlichen Sommerresidenz Balmoral Castle, für das alljährlich die Queen die ehrenvolle Aufgabe als Schirmherrin übernimmt. Bereits im 11.Jahrhundert sollen die Clan Chiefs durch derartige Wettkämpfe ihre besten Krieger ermittelt haben. Schon zuvor fanden sie die besten Läufer und Boten durch entsprechende Laufwettbewerbe. Clan-Treffen in friedlichen Zeiten waren ebenfalls von solchen sportlichen Aktivitäten begleitet.
Feiertage
Der 30.November ist St.Andrews Day, einer der beiden schottischen Nationalfeiertage. Er widmet sich dem Heiligen Andreas, dem Nationalheiligen, dessen Symbol, das diagonale Kreuz, auch die schottische Fahne ziert. Landesweit feiert man die typischen Tanzveranstaltungen, die “ceilidhs“, in der Stadt St.Andrews wird ein großes Festival abgehalten.
Die Burns Night als zweiter hoher Feiertag am 25.Januar ehrt den Geburtstag des Nationaldichters Robert Burns. Überall im Land wird ein traditionelles Essen im Stil seiner Zeit zelebriert.
Weihnachten feiert der Schotte wie die Engländer, während Hogmanay, die Neujahrsfeier, mit Glockengeläut und Feuerwerk eingeleitet wird. Auch der 2.Januar gilt als Feiertag. Auf Orkney steigt in der Hauptstadt Kirkwall das Straßenfussballspiel The Ba´, das meist den ganzen Tag dauert und in welchem die Uppies gegen die Doonies antreten. Die zweite Ausgabe dieses Wettstreits findet am 1.Weihnachtstag statt.
Glück für das Jahr beschert dem Schotten übrigens, wenn ein männliches, schwarzhaariges Wesen, möglichst mit einem Stück Kohle ausgestattet, der Erste ist, der First Footer, der das Haus im neuen Jahr betritt.
Auf alte Wikingerbräuche geht Up-Helly-Aa Fest auf den Shetland Inseln zurück, welches nach einem großen abendlichen Fackelumzug mit der feierlichen Verbrennung eines Wikingerschiffs und anschließenden ausgelassenen Festen endet. Es findet jeweils am letzten Dienstag im Januar statt.
Am 1.März zelebriert die Region Lanark das Whuppity Scoorie Fest, eine lautstarke, leicht rüde Veranstaltung zur Austreibung der bösen Geister des Winters.
In der Nacht zum 1.Mai feiert man Beltane, das alte Feuerfest der Druiden, mit welchem ursprünglich eine gute Ernte für das Jahr beschworen wurde. Feuerwerke und andere rituelle Handlungen mit Feuer werden heute noch zelebriert, insbesondere die ausgelassenen Feiern auf dem Calton Hill von Edinburgh sind ein sehenswertes Ereignis.
Der 31.Oktober ist der letzte Tag des alten keltischen Kalenders, der Tag aller Heiligen, der von den Druiden als Samhain, als letzter Tag, beschrieben wurde. Hier tritt in Form von Hexen, Feuerspektakeln und Verkleidungen einiges an Mystizismus zu Tage, den Robert Burns in seinem Gedicht Hallowe´en sehr trefflich umschreibt.
Lebensmittel
An der Spitze der traditionellen Speisen steht natürlich der Haggis, ein gefüllter Schafmagen, sowie die verschiedensten Gerichte, die mit Hafer zubereitet werden. Das Schaf findet sich zudem in großer Variationsbreite auf den Speisekarten wieder. Zu trinken gibt es natürlich das Wasser des Lebens, den Whisky.
Kleidung
Das Schottenkaro und der Kilt, der nur von Männern getragen wird, blicken auf eine lange Tradition zurück, die mit den gesellschaftlichen Strukturen in früherer Zeit zusammenhängt. Denn die Clans, das gälische Wort für Gemeinschaft, eine Art schottische Familienbande also, bildeten sich in den verschiedenen, teils abgeschiedenen Regionen des Landes und stellten die Stützen der damaligen Gesellschaft dar, die gemeinsam gegen Besatzer kämpften, aber auch untereinander recht blutige Machtkämpfe ausführten.
Jedem Clan, jeder Familie ist ein bestimmtes, überliefertes Karomuster – es sind mehr als 4000 bekannt – zugeordnet, das bei entsprechenden Feierlichkeiten stolz zur Schau gestellt wird. Prunkstück dabei ist der Kilt mit seinem opulenten Zubehör vom Sporran, einer Ledertasche, über die Clan-Brosche bis hin zum Sgian Dubh, dem schwarzen Messer, das man an den Kniestrümpfen trägt. Aus der traditionellen Verarbeitung von Schafwolle im Bereich der Textilien stammen auch der populäre Tweed und die Fair Isle Strickwaren, die nach alten Techniken und Mustern hergestellt werden.
Nessie
Das Ungeheuer von Loch Ness nach dem jeder, der den großen See in den Highlands schon besucht hat, mindestens einmal – vergeblich – Ausschau hielt, steht seit Langem für schottische Mythen und Legenden. Selbst wer nicht ans Monster glaubt, erwischt sich unvermittelt beim unauffälligen Hin-und Herschweifen mit den Augen über die meist leicht unruhige Wasseroberfläche. Es könnte ja doch etwas an dieser Mär dran sein. Man wird zudem nicht müde, neue Forschungen und Untersuchungen anzustellen, neue Thesen über den Lebensraum und die Lebensgewohnheiten des Fabelwesens zu verbreiten. Eine Tradition, die dem Tourismus besonders förderlich scheint.
Saltire & Lion Rampant
Zu den traditionellen und häufig wiederkehrenden und sichtbaren Elementen Schottlands gehört natürlich auch die Flagge, der Saltire oder das Andreaskreuz. Ein weißes, diagonales Kreuz auf einfarbig-blauem Untergrund, wobei die Farbe des Blaus nicht eindeutig definiert, aber tendenziell eher im helleren Bereich angesiedelt ist. Nach Überlieferungen handelt es sich beim Saltire um eine der ältesten Flaggen der Welt, denn sie geht etwa auf das 9.Jahrhundert n.Chr. zurück, als der Apostel Andreas (gekreuzigt auf einem diagonalen Kreuz) dem mit seinen Gefolgsleuten aus Pikten und Skoten in einer Schlacht gegen die Angelsachsen befindlichen König Hungus erschien und seinen Sieg prophezeite. Am darauffolgenden Morgen formten die Wolken als Zeichen für den bevorstehenden Sieg ein solches Kreuz vor dem sonst klaren, blauen Himmel. Ein Phänomen, das heute immer noch zu beobachten ist, wenn sich die Kondensstreifen zweier Flugzeuge derartig am Firmament begegnen.
Die zweite schottische Flagge ist der rote Löwe auf gelbem Grund, der als Standarte der schottischen Könige ebenfalls auf eine lange Geschichte zurückblickt und heute gerne bei vielen Anlässen gehisst wird. Genau genommen unterliegt diese Fahne aber einem königlichen Schutz und darf nur von Adeligen benutzt werden, Zuwiderhandlungen könnten eine Bestrafung nach sich ziehen. Eine Verordnung indes deren praxisgerechte Umsetzung schlicht nicht möglich ist.
Die Distel
Gemeinhin gilt die Distel aufgrund ihrer stacheligen Eigenschaften nicht unbedingt als florale Schönheit, dennoch erkoren die Schotten sie zu ihrem Nationalsymbol, das in vielfältigster Form überall zu finden ist. Sie steht natürlich auch für Stolz, Wagemut und Unnachgiebigkeit und ziert seit dem frühen 15.Jahrhundert auch königliche Wappen. Erstmals taucht sie 1470 auf einer Münze auf. Die Legende über ihre Herkunft liegt noch länger zurück. Es sollte an der Küste von Largs ein nächtlicher Überfall norwegischer Legionen auf schlafende, schottische Truppen stattfinden. Um dieses Unterfangen besonders geräuschlos durchführen zu können, entledigten sich die braven Nordmänner ihres Schuhwerks und schlichen so an den schlummernden Feind heran. Doch sie hatten die Rechnung ohne die schottische Botanik gemacht. Ein Krieger, der nächtlings natürlich wenig Sinn für Pflanzen hatte, trat versehentlich auf eine solche Distel und schrie von jähem Schmerz gepeinigt laut auf. Folgerichtig aufgeschreckt erwachten die zu attackierenden Soldaten und schlugen den von der heimtückischen Pflanzenwaffe verunsicherten Feind zurück. Damit war die unscheinbare Pflanze mit der stachelbesetzten Kugel und der violetten Blüte geadelt.
Fotocredits: Udo Haafke