Das Weihnachts- und das Neujahrsfest stehen auf den Orkney-Inseln
ganz im Zeichen einer sehr speziellen Beschäftigung, dies zumindest in
der Hauptstadt Kirkwall. Denn am 25. Dezember und am 1. Januar sind die
beiden Tage, an denen das traditionelle Straßenfußballspiel The Ba‘ auf
der Hauptstraße ausgetragen wird. Am Abend zuvor bereits
verbarrikadieren die Ladenbesitzer mit mächtigen Balken ihre
Schaufenster, die Hausbewohner ihre Fenster und Türen im Erdgeschoss.
Denn The Ba‘ ist kein gewöhnliches Fußballspiel.
Gut und gerne
200 Spieler nehmen an der sportlichen Auseinandersetzung teil. Sie
bilden zwei Mannschaften: die Uppies und die Doonies. Erstere stammen
aus der Oberstadt, Up-the-Gates, dem eher ländlich orientierten
Abschnitt Kirkwalls, während die Doonies aus der Unterstadt,
Down-the-Gates, der Region um den Hafen kommen. Ziel des Spiels ist es,
einen gut drei Pfund schweren, handgenähten und mit Kork ausgestopften
Lederball ins eigene Tor zu schaffen, das sich bei den Uppies am
Ortsausgang, bei den Doonies im Hafen befindet. Der Anwurf erfolgt am
Market Cross unterhalb des Portals der Kathedrale von Kirkwall auf
halbem Weg zwischen den beiden Toren.
Ist das Sportgerät erst einmal in den Händen der konkurrierenden
Teams, dann bleibt es für die zahlreichen Zuschauer längs des Weges
nahezu während des gesamten Matches, das bis zu fünf Stunden dauern
kann, verborgen. Es befindet sich zumindest auf dem Boden und die
umeinander drängelnden Männer versuchen den Ball dort in die gewünschte
Richtung zu bugsieren. Von Außen sind dann nur wellenartige Bewegungen
in der kämpfenden Menschenmenge zu sehen, die in die eine oder andere
Richtung schwappt. Obwohl es brutal klingt, gibt es in der Regel nur
kleinere Blessuren. Wegen der niedrigen Temperaturen hängen schon bald
kleine Schweißwolken über den Kontrahenten.
Über den Ursprung
dieses etwas exzentrischen, aber sehr originellen Straßenrugbys gibt es
nur Vermutungen. So sollen die Wikinger, bekannt für rüde Umgangsformen,
schon während der Besatzungs- und Eroberungszeit das Spiel mit dem Kopf
des Feindes gespielt haben. Auch hängt eine ganze Menge Aberglauben mit
dem Ausgang der sportiven Auseinandersetzung zusammen: gewinnen die
Uppies wird es im Jahr eine gute Ernte geben, siegen die Doonies beißen
die Fische besonders gut.
Fotocredits: Udo Haafke