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Schottland und Freiheit

von Wilfried Klöpping

„Bundeskanzlerin Dr. Angela Merkel hat heute den Austritt Bayerns aus der Bundesrepublik Deutschland offiziell bestätigt, nachdem eine Volksabstimmung  Bayerns Unabhängigkeit mit deutlicher Mehrheit gefordert hatte“. Man stelle sich diese Nachrichtenmeldung in Deutschland und vor allem ihre Konsequenzen vor. So aber könnte eine Meldung schon bald aussehen, wenn man Bayern durch „Schottland“ ersetzt. Könnte UK Premierminister David Cameron so etwas wirklich verkünden? Wenn es nach ihm geht: unter gar keinen Umständen“!
 
Die Wahlnacht vom 5. Mai 2011 hat in Schottland zu einer Euphorie in Sachen Unabhängigkeit vom UK geführt, die sich in nicht endenden emotionalen und siegessicheren Diskussionen in nahezu allen Social Media niederschlägt. Lasst es uns tun, jetzt ist die Zeit gekommen, Freiheit für Schottland, lauten die Kommentare. Wer etwas dagegen sagt, hat kaum eine Chance.

Kontinentaleuropäer und viele föderalistisch denkende Deutsche kommen aus dem Staunen nicht heraus. Kaum ist Europa mit der EU vereinigt, will Schottland raus und dann doch irgendwie wieder rein. Mehr als 300 Jahre „Unterdrückung“, so sehen es viele junge wie ältere Schotten, können endlich abgearbeitet werden.
 
Doch kann der „Indie Way“ wirklich funktionieren?
Öl und Gas bringen weiterhin Geld in die Kasse, unbestritten. Der Tourismus boomt weiterhin, noch können Schottlands Forschung und Unis mit der Spitze in Europa und der Welt mithalten. Rechtzeitig haben First Minister Alex Salmond und sein Scottish Government die Chancen der Renewable Energy für Schottlands Jobs, Einkommen und damit Zukunft erkannt. Ein bißchen spät, aber immerhin endlich hat er nach der überzeugenden Wiederwahl auch Europa mit allen Chancen entdeckt. Europa heisst: das Europa der 47.Salmond will den Direct Access zum Europ. Menschenrechtsgerichtshof, der zum in Strasbourg angesiedelten Europarat – einer Nicht-EU  Institution – gehört! Wer die Unabhängigkeit in Europa will, kommt ohne die Hilfe und Unterstützung eines Europa der 27 und 47 eben nicht aus. FM Salmond hat dies offensichtlich erkannt. Das er zudem den Bereich „Broadcasting“ in seinem schottischen Portfolio haben möchte, zeigt seine neue Zukunftsdenke.
 
Viele Deutsche (Schweizer, Österreicher, Belgier, sogar Franzosen…) werden spätestens an dieser Stelle die Frage stellen: Ja, um Himmels willen, warum muss er dafür aus dem noch „UNITED“ Kingdom raus? Könnte er das nicht auch in neuen, zukunftsorientierten mehr förderalistischen UK -Strukturen?

Es ist eine „typisch kontinentaleuropäische“ Fragestellung. Immerhin, Königreiche wie Bayern und Preussen, Großherzogtümer wie Baden oder Landgrafschaften wie Hessen und Thüringen haben ihren Status aufgegeben, um gemeinsam Deutschland zu gründen. Schlecht gefahren sind sie alle damit nicht!

Für Schottland aber kommt die oft meist sehr blutige Geschichte und nicht nur zuletzt „coole“ Beziehung zu England hinzu, die es so kaum mehr in Europa gibt. Das soll endlich vorbei sein, das allein powert das Unabhängigkeitsdenken.
 
Kein Zweifel: Europäer sind jetzt gefordert, den Schotten zu helfen, sie zu beraten, ihnen Informationen zu liefern, damit diese die richtige Zukunftsentscheidung treffen. Vor allem aber MÜSSEN schottische Medien vor diesem Hintergrund endlich anfangen, eine intensive und umfassende Europa- Berichterstattung aufzubauen. Schotten müssen wissen, wohin der Weg gehen könnte, wenn sie wirklich den „Indie Way“ beschreiten wollen. Dafür brauchen Schottland und auch wir Europäer eine klare schottische Zukunftsvision und eine offene und transparente Bilanz des „Für und Wider Independence“. Erst dann können alle erahnen, was auf Schottland zukommen könnte und wird. Emotionen allein sind dafür zwar antreibend, aber keineswegs ausreichend!!
 
Udo Seiwert-Fauti
-Managing Europe Correspondent (European Correspondents Network)
-Coordinator Information Network Germany-Scotland (InGerScot)

Zusätzliche Informationen

Fotocredits: Udo Seiwert-Fauti

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