Vor exakt zehn Jahren erhielt die Schottin Nicola Benedetti, gerade einmal 16 Jahre alt, den begehrten Titel „BBC Young Musician of the Year“. Heute zählt sie zu den Weltstars auf der klassischen Violine, sie kennt die großen Konzertsäle rund um den Globus und begeistert dort Klassik-Fans mit ihrer starken Passion und einer ungeahnten Virtuosität. Geboren in West Kilbride im nördlichen Ayrshire als Kind einer Schottin und eines Italieners entdeckte sie schon mit vier Jahren ihre Liebe zu dem besonderen Musikinstrument, die schnell zu einer fesselnden Leidenschaft gedieh und eine rasante Karriere mit sich brachte. Klassik war und ist ihr Metier.
Umso erstaunlicher ist die Veröffentlichung ihres neuen Albums, das passend zum Jahr 2014 „Homecoming: A Scottish Fantasy“ betitelt ist. Mit der CD, die ab 7. Juli auf dem britischen Markt erhältlich sein wird, betritt die junge Frau absolutes Neuland und wirkt außerhalb ihres ureigenen angestammten Musikbereiches: Nicola Benedetti goes Folk. Ganz ihrer Art entsprechend tut sie dies aber nicht oberflächlich, sondern sie geht bis an die Wurzeln dieses für Schottland so wichtigen Genres. Intensiv setzte sie sich mit den Folklegenden Aly Bain und Phil Cunningham zusammen, um alles über die Geige in der Folkmusik, die dort als Fiddle bezeichnet wird, zu ergründen. Schon auf den Celtic Connections in Glasgow im Januar konnte man sich von den ersten Ergebnissen und Resultaten dieser augenscheinlich fruchtbaren Kommunikation überzeugen.
Nicola Benedetti mutiert in „A Scottish Fantasy“ natürlich nicht zur fiedelnden Teufelsgeigerin, wie man es von vielen Folkbands im Lande kennt. Vielmehr interpretiert sie Folkklassiker auf ihre unnachahmliche Weise und präsentiert einige Kompositionen Phil Cunninghams völlig neu und mehr als hörenswert, wie z.B. das Stück Aberlady. Als Einstieg in die CD wählte sie die inspirierenden Melodien des deutschen Komponisten Max Bruch, der sich zur vorletzten Jahrhundertwende bereits mit den Liedern von Robert Burns auseinandersetzte und jene für Orchester und Violine aufbereitete. In seiner Scottish Fantasy beschreibt die Geige variationsreich Wetter und Landschaft in Schottland, was Nicola Benedetti perfekt umsetzt.
Drei Lieder von Burns folgen. Mit „Ae Fond Kiss“, „My Love is Like a Red, Red Rose“ und „Auld Lang Syne“ die vielleicht bekanntesten des Nationaldichters, die man so, wiederum für Violine und Orchester, noch nie zuvor gehört hat.
Als begleitendes Orchester sorgt das BBC Scottish Symphony Orchestra unter der Leitung von Rory MacDonald für den perfekt untermalenden Rahmen. Aber auch das Zusammenspiel von Fiddle auf der einen und Benedettis Stradivari auf der anderen Seite hat seinen ganz eigenen Reiz. Hier standen die Band um Julie Fowlis, mit dem Top-Geiger Duncan Chisholm, sowie Mitglieder von Capercaillie musikalisch zur Verfügung. Capercaillie schaffte es vor vielen Jahren erstmals mit einem gälisch gesungenen Song in die britischen Top 40. Genau dieses Stück „Coisich a Rùin“ singt Julie Fowlis in einem zauberhaften neuen Arrangement und bringt damit auch die Sprache und die gälische Kultur ein in Benedettis akustische Heimkehr. Prädikat: Besonders hörenswert.
Fotocredits: Udo Haafke