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Geheimnisvolle Rundbauten – Brochs

von Wilfried Klöpping

‚Geheimnisvolle‘ Rundbauten gibt es in vielen Teilen der Welt und auch an entgegengesetzten Stellen Europas – die Nuraghen in Sardinien etwa, den prähistorischen Bauten der frühesten Bronzezeit auf Sardinien, griechische Rundbauten oder die Trulli im süditalienischen Apulien oder auch die „Ringforts“ in Irland. Schottland – auf der europäischen Landkarte wirklich ‚entgegengesetzt‘ von Italien gelegen, weist mit seinen (prä)historischen Brochs ebensolche Zeugnisse einer uralten und noch nicht ganz erklärbaren Architektur auf. Mehr als 500 dieser Turmbauten – überwiegend aus der (frühen) Eisenzeit sind in schottischen Gebieten nachweisbar, vorzugsweise in der schottischen Inselwelt der Hebriden, der Shetlands und der Orkneys, aber auch der nördlichen Highlands gelegen. Rundhäuser in ihrer klassischen Bauweise sind in Schottland wohl noch älter und seit etwa 700 v.Chr. nachgewiesen, die Brochs jedoch sind etwas jünger. Der Name steht für Wohn- oder Wohnburgtürme mit zehn bis fünfzehn Metern im Durchmesser auf kreisrundem Grundriss und bis fünfzehn Metern Höhe. Die erste Blütezeit dieser  fensterlosen, aus Trockenmauerwerk gefügten Bauwerke begann seit etwa 400 v.Chr. Als ‚klassische Periode‘ der Brochs gilt dann die Zeit zwischen 200 v. Chr und etwa 200 n.Chr. Genutzt wurden sie aber viel länger, mindestens bis ins 8. oder 9. Jh. n.Chr. – also bis in piktische und schottische Zeiten. So werden sie denn in der älteren Literatur auch mitunter als „picts houses“ geführt, obwohl sich die Bindung an die kriegerischen und meist noch im Dunkel der Geschichte liegenden Pikten nicht genau nachweisen lässt. Auf jeden Fall fällt die klassische Errichtungszeit der Brochs in die Zeit der Einwanderung der Kelten – insbesondere der Skoten – nach Schottland, in die Zeit ihrer Kämpfe mit den Pikten und der Errichtung des mythischen Königreichs „Dalriada“, aus dem schließlich Schottland hervorging. Als sich die skotischen und piktischen Stämme um 843 n.Chr. unter Kenneth McAlpin zum ersten Schottenstaat vereinigten, da wohnten viele ihrer Anführer wohl noch in ihren traditionellen Brochs.

Vereinzelte, besonders große dieser Wohntürme könnten durchaus als ‚Burgen‘ bedeutender Stammesfürsten gedient haben, wie etwa der „Broch of Gurness“ auf den Orkneys oder der „Carlowy Broch“ auf der äußeren Hebrideninsel Lewis. Noch heute sind viele nicht ganz einfach zu erreichen, oft liegen sie in Meeresnähe oder auf kleinen Hügeln. Ihre fast immer mitgeführte Bezeichnung „Dun“ – altgälisch für ‚Festung‘ – deutet ebenso auf ihren Verteidigungscharakter hin wie die schmalen, gut zu verteidigenden Einlässe und Mauerdurchgänge und die nebenliegenden ‚Wächterzellen‘. Die meisten der Turmkonstruktionen haben doppelwandige Mauern mit Nischen, Galerien und Treppen, einige auch größere Hohlräume wie Kammern etc. Obwohl kaum einer so gut erhalten ist, dass man ihn genau rekonstruieren könnte, lassen verschiedene Gegebenheiten darauf schließen, dass sie Zwischenböden und -decken aus Balken und Bohlen, vielleicht sogar hölzerne Dachkonstruktionen enthielten. Bei der in den Fundgebieten vorherrschenden rauen und feuchten Witterung ist die Annahme von Dächern oder Schutzeinrichtungen zumindest nahe liegend. Einige der als Ruinen erhaltenen Brochs sind zu besichtigen, als besonders beeindruckend z.B. darf der schon weithin sichtbare Carlowy Broch auf Lewis gelten, etwa eine Meile westlich der A 858 und vielleicht 30 Kilometer entfernt von der Inselhauptstadt Stornoway.

Dr. Michael Krause

Fotocredits: Dr. Michael Krause

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