„Die Oceanic lief im Herbst 1915 vor Foula auf Grund. Es gab keine
Opfer, aber das Kreuzfahrtschiff, es soll noch luxuriöser gewesen sein
als die Titanic, war nicht mehr zu retten.“ Billy Moore vom Scalloway
Museum erzählt voller Enthusiasmus über die historische Begebenheit, die
das kleine Eiland im Südwesten des Archipels der Shetland Inseln
erstmals nachhaltiger in die Schlagzeilen brachte. „Sie war als
Versorgungsschiff der britischen Marine im Einsatz, und Differenzen
zwischen dem zivilen und dem militärischen Kapitän hinsichtlich der
korrekten Navigation führten schließlich zur Havarie.“ Die Gewässer
zwischen Foula und Mainland Shetland können recht tückisch sein,
gespickt mit Felsen und Untiefen und stets umtost von gewaltiger
Brandung. Augenzwinkernd ergänzt Billy: „Binnen zwei Wochen war das
Wrack verschwunden, das Meer hatte ganze Arbeit geleistet. Aber nahezu
in jedem Haus auf Foula fanden sich in der Folgezeit Objekte und
Gegenstände, die nur von der Oceanic stammen konnten.“
Etwa 30
Menschen leben heute auf Foula, das selbst im 21. Jahrhundert schwer zu
erreichen ist. Es gibt keinen befestigten Hafen, Boote müssen hoch auf
den Strand gezogen werden, um nicht verloren zu gehen. Die kleine
Passagierfähre hievt ein Kran an Land ins Trockene. Ham heißt der Ort im
Osten Foulas, der sich als einziger einigermaßen als Landeplatz für
Wasserfahrzeuge anbietet. Erst 1969 sorgte die Anlage eines Flugfeldes
dafür, dass die Versorgung der »Foula norie« zuverlässiger gewährleistet
werden konnte. Foula norie nennen die Shetländer ihre Inselnachbarn und
weisen damit gleichzeitig auf die dortige große Population der
knuffigen Papageitaucher hin, die den Namen »Tammie norie« tragen. Über
das Flugfeld besteht während des ganzen Jahres mehrmals in der Woche ein
regelmäßiger Passagierverkehr mit dem Flugplatz von Tingwall auf
Shetland Mainland. Gleichwohl kann auch hier das Wetter, speziell in den
Wintermonaten, Probleme bereiten. Weht der Wind zu stark, zudem aus
ungünstiger Richtung, dann geht schlicht nichts mehr. „Ich kenne einen
Schüler, der in den Weihnachtsferien zu seiner Familie nach Foula
durfte. Es wurde ein achtwöchiger Aufenthalt, denn er konnte erst Ende
Februar wieder zurück. So ungünstig kann das Wetter selbst über einen
längeren Zeitraum sein.“
„Weihnachten und Neujahr feiert Foula im übrigen 14 Tage nach uns, so
wie im alten Julianischen Kalender“, berichtet der Kapitän zur See a.D.
Jim Raeter. „Man hat sich bei der Landwirtschaft, der Bestellung der
Äcker stets an den alten nordischen Festtagen orientiert und das bis zum
heutigen Tage beibehalten. Warum sollte man es auch ändern? Es ist eine
exzentrische, aber liebenswerte Eigenart Foulas!“ Jim verbrachte seine
Kindheit hier, bis er auf die weiterführende Schule auf Shetland musste.
Mit leuchtenden Augen erzählt er von einer unbeschwerten, sorgenfreien
Zeit. „Für uns Kinder war es das Paradies, eine eigene, in sich
abgeschlossene Welt, in der wir tun und lassen konnten, was wir wollten,
dabei aber auch einigen Unsinn machten, was wir unseren Eltern dann
aber gerne einmal verschwiegen.“ Die spektakuläre Landschaft auf Foula
mit den zweithöchsten Klippen Großbritanniens barg und birgt so manche
Gefahr. Wirft man von der Höhe einen Stein über die Klippenkante, dann
dauert es mehr als 10 Sekunden, bis er die Meeresoberfläche erreicht
hat, 376 Meter können ganz schön weit sein.
Dorothy Thomson war
für einige Jahre Grundschullehrerin auf Foula: „Meine Arbeitswoche
begann mit der Anreise am Montag früh auf die Insel und endete am
Freitag mit dem Flug zurück. Manchmal kam ich zu spät, manchmal musste
ich dort bleiben. Auch kam es vor, dass ich nur zwei oder drei Kinder im
Unterricht hatte, aber das klappte erstaunlich gut.“ Die rüstige
Mittachtzigerin lobt ihre damaligen Schützlinge insbesondere für das
ausgeprägte Sozialverhalten und eine große Hilfs- und
Einsatzbereitschaft. „Man hatte immer das Gefühl, Teil einer großen,
eingeschworenen Familie zu sein.“ Jeder auf der Insel hat gleich mehrere
Jobs und trägt dazu bei, dass wirklich alles funktionieren kann,
inklusive Internet und zuverlässiger Stromversorgung, die erst seit
Mitte der 1980er Jahre gewährleistet ist.
Diese aus lauter
Individualisten bestehende Familie hält auf diese Weise irgendwie
zusammen, sonst wäre Foula sicher bereits längst evakuiert worden. So
wie St. Kilda, der Archipel weit draußen im Nordatlantik vor den Äußeren
Hebriden, im August 1930. Noch abgelegener, noch schwieriger
erreichbar, entschied sich die Bevölkerung damals schweren Herzens ihre
Heimat endgültig zu verlassen. Diese historische Begebenheit wurde 1936
in dem Dokumentarfilm »Island on the edge« nachgestellt, gedreht auf
Foula, das St. Kilda nicht nur landschaftlich ähnlich ist. „Sehen Sie
der kleine Junge dort mit den kurzen Hosen? Er winkt gerade“, Bertie
Gray setzt ein breites Grinsen auf. „Das bin ich. Da war ich 4 Jahre
alt, aber zu einer Karriere beim Film hat es leider nicht gereicht! Und
die Filmcrew durfte nach Ende der Dreharbeiten auch noch etwas länger
auf Foula bleiben – das Wetter, Sie wissen schon.“ Auch der Senior lebte
in seiner Jugend auf Foula und kann die Insel von seinem Haus im Westen
des Mainlands bei klarer Sicht sogar am Horizont ausmachen. „Dann kommt
schon so etwas wie Wehmut auf.“
Wie die anderen Familien
betätigten sich auch die Grays als Crofter, als Kleinbauern mit kleinen
bewirtschafteten Ackerparzellen. „Ganz früher gab es eine eigene
Kuhrasse auf Foula. Die etwas kleineren Kühe waren damals fundamental
wichtig für das Überleben der Bevölkerung, die sich über lange Zeiträume
selbst zu versorgen hatte.“ Leicht verbesserte Transportmöglichkeiten
sorgten für eine Optimierung der Versorgung mit Lebensmitteln von
Shetland. So verschwanden die Kühe allmählich, Schafe übernahmen ihre
Funktion und entwickelten ebenfalls eine eigene Spezies, die etwas
kleiner ist und noch eigensinniger zu sein scheint als ihre schottischen
Artgenossen. „Die bleiben einfach auf dem Weg stehen und weichen keinen
Millimeter!“
Die durch ihre ungewöhnlich bunte, sehr filzig
wirkende Wolle auffallenden Vierbeiner gelten als Ursprung der heutigen
Shetland-Schafe. Mehr als 2.000 finden sich davon auf Foula. Ihre
waghalsigen Kletterkünste stellen sie regelmäßig in unmittelbarer Nähe
der Klippen »Da Kame« und »Da Noup« unter Beweis, und wenn sie kein
vernünftiges Gras mehr zum Fressen finden, verschmähen sie auch Seetang
und Algen nicht. Vögel stellen indes bei Weitem die größte Menge an
Lebewesen Foulas. Basstölpel, Sterntaucher, Rothalstaucher, Tordalk,
Dreizehenmöwe, Lummen, Skuas – ornithologisch Interessierte wähnen sich
in einem Dorado für See- und Meeresvögel und gehören zu den häufigsten
Besuchern des Eilands. Insbesondere während der Zeit des Vogelzuges
machen auch viele sehr seltene, gefiederte Gäste hier Station.
Die
Vögel sind zudem Namensgeber für die Insel. Foula leitet sich aus dem
norwegischen Wort für Vogelinsel »Fugløy« ab. Überhaupt lässt sich die
historisch bedingte Nähe zum skandinavischen Sprach- und Kulturraum kaum
verleugnen. Schon in der Bronzezeit besiedelt ließen sich um 800 n.Chr.
die ersten nordischen Siedler nieder und blieben bis zum Ende des 16.
Jahrhunderts, als der gesamte Archipel der Shetland Inseln an Schottland
zurückfiel. Die Ortsnamen behielten jedoch ihren nordischen Charakter,
ebenso konnte »Old Norse«, die alte nordische Sprache, hier viel länger
überleben als andernorts. Das eigentümliche Gemenge aus Natur und Kultur
in Verbindung mit einem ungewöhnlich rauen Klima, das stets eine
unerwartete Überraschung bereithält, macht den Besuch Foulas zu einem
unvergesslichen Erlebnis in einer ganz eigenen, kleinen und für sich
abgeschlossenen Welt.
Anreise:
Die schottische Loganair
fliegt täglich von Düsseldorf nach Glasgow, der Anschlussflug führt
zunächst nach Sumburgh auf Shetland, vom kleinen Flughafen Tingwall
bedient DirectFlight mehrmals in der Woche die Route nach Foula.
Die Fähre New Advance verkehrt ebenfalls mehrmals in der Woche zwischen Walls auf Shetland und Foula. Vom Busterminal Viking Station besteht eine Busverbindung.
Flug
und Fähre sind vom Wetter abhängig, daher unbedingt am Tag der Reise
die Verbindung nochmals prüfen. Auf Foula gibt es keinen ÖPNV und keine
Taxis, Besucher werden von den Vermietern ihrer Unterkunft abgeholt.
Unterkunft:
Auf Foula: Ristie SelfCatering,
komfortables Ferienhaus in toller Lage für max. 8 Personen (Preise ab
EUR 40 je nach Zimmergröße), Mahlzeiten können auf Wunsch zugebucht
werden. Die Eigentümer organisieren Führungen zu Lande und zu Wasser
rund um die Insel.
Auf Shetland: Ortolan House B&B
im Zentrum von Lerwick, zauberhafte Unterkunft mit sensationellem
Frühstück und netten Gastgebern (Preis ab EUR 40), 14 Law Lane, Lerwick,
Shetland ZE1 0EA, Tel.: +44-7919-256386, rebecca@rebeccanason.com .
Zusätzliche Informationen zur Insel Foula
- Link zur Lage von Foula auf Google Maps
- Link zur Webseite von Shetland und Foula
Kontakt und Anschrift
Promote Shetland
c/o NB Communication Ltd
Stewart Building
Esplanade
Lerwick
Shetland
ZE1 0WP
Tel: +44 (0) 1595 989898
E-Mail: info@shetland.org
Fotocredits: Udo Haafke / VisitScotland – Paul Tomkins