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Höhepunkte Schottlands mit CalMac

von Wilfried Klöpping

Dass Schottland eine ideale Feriendestination ist, hat sich bereits herumgesprochen. Unter den Rundreisezielen zumindest der deutschen Reiseveranstalter hat der ‚grüne Norden‘ Großbritanniens seit Jahren schon einen vorderen Platz inne. Freundliche, gastfreundliche Menschen, die reiche Geschichte, deren Zeugnisse man allerorten findet und eine unendlich reichhaltige Natur ziehen Besucher immer wieder hierher. Kein Wunder, dass dies auch ‚Neulinge‘ anlockt, die alsbald mit der Erfahrung konfrontiert werden, dass Schottland ’nach mehr‘ verlangt und beinahe ’süchtig‘ machen kann…Zu den Höhepunkten Schottlands gehören auf jeden Fall seine Inseln – einzeln vor allem der Westküste vorgelagert wie Cumbrae, Arran oder die ‚fast’Insel-Landzunge Kintyre – oder die dicht gedrängten Archipele der Inneren und Äußeren Hebriden. Im Mittelalter für Jahrhunderte in der Hand der Norweger, die mit ihren Langbooten die nördlichen Meere beherrschten, gehören alle diese Inseln zumindest seit der unentschieden ausgegangenen Seeschlacht von Largs 1263 und dem danach folgenden Frieden von Perth 1266 zum Königreich Schottland. Nur die Orkneys und die Shetlands behielten die Norweger – die sind erst seit dem 15. Jahrhundert als Mitgift einer norwegischen Königstochter schottischer Besitz.

Insgesamt bilden die beiden Hebridengruppen einen mehr als 200 km langen Bogen aus Eilanden längs der schottischen Westküste – die Äußeren Hebriden oder „Western Isles“ liegen Dutzende Kilometer von der britischen Hauptinsel entfernt, die Inneren Hebriden sind teilweise nur durch schmale Meerengen von ihr getrennt. Mehr als 7000 km² und etwa 500 Inseln, von denen wohl mehr als 70 bewohnt sind, umfassen die Inseln allein an der Westküste – mehr als doppelt so groß wie das Großherzogtum Luxemburg, aber mit nur knapp 70.000 Einwohnern, von denen mehr als die Hälfte noch das traditionelle Gälisch sprechen. Viele Kenner sagen, das eigentliche Schottland fände man nur hier. Darüber kann man vielleicht streiten – denn das Herz vieler Schotten und ihrer Besucher ‚hängt‘ auch an den wesentlich bekannteren Highlands – aber unbestreitbar sind die landschaftliche Schönheit, die kulturelle Tradition und lang zurückreichende Geschichte sowie die touristische ‚Versuchung‘, die von den Hebriden ausgeht. Wer jemals die grandiose Vulkaninsel Staffa, das historisch bedeutsame Iona oder das weite, der Wirklichkeit entrückt scheinende Lewis besucht hat, der will immer wieder kommen!

Dennoch – es sind Inseln, teilweise ein gutes Stück vom quirligen Leben der schottischen Großstädte und Touristenhochburgen entfernt, Wind und Wellen und dem oft genug rauen Wetter ausgeliefert. Wie gelangt man dennoch dorthin – als Tourist im warmen und dennoch zumeist windigen Hochsommer oder aber auch im Winter, wenn eisige Stürme die Wellen des Atlantik aufpeitschen und die kleinen, teilweise von weniger als hundert Menschen bewohnten Inseln fast von der Außenwelt abzuschneiden scheinen? Ein Symbol für die zuverlässige Verbindung zwischen den Inseln und mit der Hauptinsel ist ein roter Löwe in gelbem Kreis auf wiederum roten Untergrund – gemalt an den Schornstein der schwarz-weißen Schiffe, die bei jedem Wetter rund ums Jahr 365 Tage verkehren. Caledonian MacBrayne – kurz und liebevoll überall „Calmac“ genannt und unter diesem Kürzel auch im Internet zu finden – ist die Fährgesellschaft, die bis auf wenige Ausnahmen den Verkehr mit und zwischen den schottischen Inseln bestreitet. Je nach Verkehrsdichte und -anforderungen sind die Schiffe unterschiedlich groß – von der kleinen, landungsboot-ähnlichen Fähre, die (fast) nur Fußgänger mitnimmt und alle paar Minuten tagsüber zwischen den Inseln Mull und Iona verkehrt, bis zum großen, hochseetauglichen Fährschiff, das in stundenlanger Fahrt die Dutzende nautische Meilen lange Strecke beispielsweise von Lewis nach Ullapool oder von der Insel Barra in die Hafenstadt Oban bewältigt, mit zahlreichen schwer beladenen LKWs, Reisebussen und diversen PKWs an Bord.

Einheimische wie Touristen sind auf die Zuverlässigkeit der nahezu bei jedem Wetter agierenden Fährgesellschaft angewiesen. Und der Service ist nicht nur zuversichtlich, sondern auch freundlich, routiniert und reibungslos. Ein einziges Mal – im Zusammenhang mit einer ungeheuren Sturmfront – hat der Verfasser es erlebt, dass eine Fähre ausgefallen ist. Da ist man versucht, einen Vergleich mit einer ebenso legendären Fähr-Linie anzustellen – der norwegischen Hurtigruten, die seit 1893 Post und Passagiere entlang der norwegischen Küste befördert und nunmehr 34 Häfen fast mit der Präzision eines Uhrwerks anfährt. Die Geschichte der schottischen Caledonian MacBrayne reicht sogar noch länger zurück, als sich 1851 die damalige Dampfschiffsgesellschaft David Hutcheson & Co. mit ihren drei Partnern David Hutcheson, Alexander Hutcheson und David MacBrayne formierte. Nach vielfachen Umstrukturierungen und Eigentumsveränderungen legte man die Caledonian Steam Package Company Ltd. und ihre Clyde-Fährdienste mit David MacBrayne, der die westlichen Inseln (Innere und Äußere Hebriden) befuhr, zusammen – als Tochterfirmen der staatseigenen „Scottish Transport Group“. Dann erfolgte 1973 die Umbenennung in Caledonian MacBrayne und die Verantwortung für nahezu alle Fährdienste in Schottland, bevor nach weiteren Veränderungen und der zwischenzeitlichen Übernahme der Northlink zu den Shetlands und Orkneys seit 2006 die Gesellschaft komplett dem schottischen Staat gehört. In Form der beiden Gesellschaften CFL (Calmac Ferries Ltd.) und CMAL (Caledonian Maritime Assets Ltd.), deren erste den Fährservice übernahm und deren zweite als Eigentümer der Schiffe und Hafenanlagen diese den ersteren verleast , existiert derzeit der schottische Seebeförderer mit dem ‚Löwen‘ am Schornstein. Der Hauptsitz ist nun in Port Glasgow, Inverclyde.

Die im Einsatz befindlichen Schiffe jedenfalls zeigen alle den ‚CalMac-Löwen‘ – unabhängig von ihrer Größe oder ihrem Einsatzgebiet. Es nötigt schon Hochachtung ab, wie die Fähren auch noch die entlegenst scheinenden Inseln erreichen, teilweise im starken Nebel, bei dem erst der leichte Ruck beim Anlanden dem Übersetzenden zeigt, dass man das andere Ufer erreicht hat und dann gleich den Motor starten kann, um ins diesige schottische Inselwetter zu starten. Oder man erwischt einen jener glasklaren Tage, die vor allem im Frühjahr oder Herbst das nahezu unwirkliche Farbenspiel wiedergeben und die Calmac-Fähren ganz selbstverständlich als Teil der schottischen Landschaft erscheinen lassen. Auf jeden Fall sollte man all dies einmal selbst erlebt haben! Hierzu bietet die Fährgesellschaft hervorragende Möglichkeiten: mit den diversen Varianten des „Hopscotch“ – Tickets kann man sich ein ‚Inselhüpfen‘ in den verschiedensten Kombinationen gönnen. Wie wäre es beispielsweise mit einer Tour über alle bewohnten Äußeren Hebriden (Barra, Uist, Harris und Lewis) oder dem einmaligen „Whisky-Hopscotch“, bei dem man neben den berühmtesten Insel-Destillen auf Islay, Jura und Skye, Arran und Mull auch die ‚Festlands‘-Brennereien in Oban und auf der Halbinsel Kintyre sich im wahrsten Sinne des Wortes ‚zu Gemüte führen‘ kann. Oder aber man nimmt den vielleicht bescheidensten Weg und taucht auf der Fährreise nach Mull und von hier nach Iona in die schottische Geschichte ein: von der Abtei Iona aus begann die Christianisierung des damals noch „Dalriada“ genannten Schottenreiches und auf ihrem Friedhof, aus ältester Zeit mit seiner winzigen romanischen Kapelle, liegen über vierzig gekrönte Häupter bestattet. Iona galt daher viele Jahrhunderte lang als ‚Heilige Stätte‘, weil die ersten skotisch-irischen und mehrere norwegische Könige auf dem Friedhof „Reilig Odhráin“ ihre letzte Ruhe gefunden haben sollen…

Schon im frühen Mittelalter wurde die Insel wegen der ständigen Wikingerüberfälle verlassen und ist heute eines der begehrten Touristenziele. Überfälle haben die schwarz-weißen Kolosse der „CalMac“-Reederei heute nicht mehr zu befürchten, allenfalls kleinere Touristeninvasionen zur Hauptferienzeit. Dafür machen sie Schottland erst zu dem Reiseziel, das es heute ist: erst wenn man die reiche Inselwelt mit ihren zahllosen Attraktionen und ihrer atemberaubenden, oft fast unberührten Natur kennengelernt hat, weiß man Schottland zu würdigen, denn der Umfang dieses grandiosen Landes geht weit über die Highlands hinaus. Versuchen Sie es – mit den Fähren des ‚kaledonischen Seelöwen‘ können Sie als Wanderer und mit öffentlichen Verkehrsmitteln genauso reisen wie mit PKW oder Bus. Aber eines sollten Sie in aller Vorsicht wissen – wie schon eingangs angedeutet: Schottland macht süchtig! Auch die Inseln!

Dr. Michael Krause

Fotocredits: Dr. Michael Krause

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